Was für ein politischer Krimi! Am 6. Mai 2025 wurde Friedrich Merz im zweiten Anlauf zum Bundeskanzler gewählt – nachdem er am Vormittag im ersten Wahlgang überraschend gescheitert war. Ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik und ein Start mit Knirschen für die neue schwarz-rote Koalition.
Ein historisches Scheitern – und ein knapper Sieg
Im ersten Wahlgang fehlten Merz sechs Stimmen zur absoluten Mehrheit von 316. Trotz der rechnerischen Mehrheit von CDU/CSU und SPD (328 Sitze) verweigerten offenbar einige Abgeordnete die Zustimmung. Ein beispielloser Vorgang, der Zweifel an der Stabilität der neuen Koalition aufwarf.
Doch am Nachmittag die Wende: Im zweiten Wahlgang erhielt Merz 325 Stimmen und wurde damit zum zehnten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Ein knapper Sieg, der jedoch die Risse in der Koalition nicht überdecken kann.
Die neue Koalition: Schwarz-Rot mit Startschwierigkeiten
Die CDU/CSU hatte die Bundestagswahl im Februar 2025 mit über 28 % der Stimmen gewonnen. Die SPD, unter Olaf Scholz, erzielte mit rund 16 % ihr schlechtestes Ergebnis in der Nachkriegsgeschichte. Dennoch einigten sich beide Parteien auf eine Koalition – die einzige rechnerisch mögliche Mehrheit ohne Beteiligung der AfD, die mit fast 21 % zweitstärkste Kraft wurde.
Der Koalitionsvertrag sieht unter anderem eine Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben und ein 500-Milliarden-Euro-Infrastrukturpaket vor. Ein Kurswechsel, der insbesondere bei der CDU für Diskussionen sorgte.
Merz‘ Agenda: Wirtschaft, Sicherheit und Migration
Friedrich Merz hat ambitionierte Pläne: Wirtschaftswachstum durch Unternehmenssteuerreformen, Investitionen in Infrastruktur und Digitalisierung sowie eine restriktivere Migrationspolitik. Zudem soll die Bundeswehr gestärkt und die Unterstützung für die Ukraine fortgesetzt werden.
Doch der Start ist holprig. Das Scheitern im ersten Wahlgang hat gezeigt, dass Merz nicht nur mit der Opposition, sondern auch mit Unruhe in den eigenen Reihen rechnen muss.
Ausblick: Ein Kanzler zwischen Druck, Chancen und Dauerfeuer
Okay, Friedrich Merz ist jetzt offiziell Bundeskanzler. Aber was heißt das konkret? Welche Herausforderungen warten auf ihn – politisch, gesellschaftlich, international? Und welche Chancen hat er überhaupt, dieses zerrissene Land zu einen und seine eigene Koalition zusammenzuhalten?
Ein Kanzler ohne Euphorie
Fangen wir ehrlich an: Begeisterung sieht anders aus. Merz wurde im zweiten Wahlgang gewählt – das heißt, ein Teil der eigenen Leute hat ihn im ersten Durchlauf durchfallen lassen. Kein Vertrauensbeweis, sondern eher ein Warnschuss. Er ist Bundeskanzler, ja – aber ohne Rückenwind. Das ist ein Start, bei dem man politisch gesehen eigentlich schon auf Eierschalen läuft.
Die Koalition: Zweckbündnis mit Sollbruchstellen
Die schwarz-rote Koalition aus CDU/CSU und SPD ist kein Liebesprojekt, sondern ein rechnerisches Muss. Beide Parteien mussten irgendwie eine regierungsfähige Mehrheit bilden, ohne die AfD ins Spiel zu bringen. Das führt zu einem angespannten Miteinander, geprägt von Misstrauen, Kompromissgeschacher und internen Machtspielchen.
Die CDU-Basis ist gespalten: Viele Konservative hätten sich eine härtere Gangart gewünscht – Richtung Werteunion, Richtung Nationalkonservatismus. Stattdessen geht Merz mit der SPD auf einen Modernisierungskurs mit Milliardeninvestitionen, Schuldenbremse light und sozialem Ausgleich. Das wird für Ärger sorgen – garantiert.
Die Opposition: Eine AfD auf dem Höhenflug
Mit fast 21 % ist die AfD zweitstärkste Kraft im Bundestag. Das verändert alles. Sie sitzt nun an wichtigen Ausschusssitzen, stellt Vizepräsidenten und wird jede Unsicherheit der Regierung lautstark ausschlachten – vor allem bei Themen wie Migration, Energiepreisen oder der EU. Merz wird also nicht nur regieren, sondern sich pausenlos rechtfertigen müssen. Jede Schwäche könnte von der AfD instrumentalisiert werden.
Und dann ist da noch das demokratische Spektrum: Grüne, FDP und Linke – alle in der Opposition. Unterschiedliche Inhalte, aber eine gemeinsame Mission: Merz kritisieren, kontrollieren, kontern.
Der Druck von außen: Weltlage im Ausnahmezustand
Außenpolitisch steht Merz direkt unter Strom. Der Ukrainekrieg ist längst kein Thema von gestern, sondern eine Dauerkrise. Die USA sind im Wahljahr – ein Comeback von Trump könnte die transatlantische Achse erschüttern. China zeigt Zähne in Asien. Und Europa? Mühselig auf der Suche nach Einigkeit und Stärke.
Merz muss also außenpolitisch liefern: Verlässlichkeit zeigen, Partnerschaften pflegen, souverän auftreten – und trotzdem innenpolitisch stabil bleiben. Ein Spagat, den selbst erfahrene Kanzler nur mit Mühe schaffen.
Die Wirtschaft: Fragiles Pflaster
Deutschland steckt nicht in einer akuten Krise, aber die Lage ist angespannt. Energiepreise, Fachkräftemangel, schleppende Digitalisierung, bröckelnde Infrastruktur – das alles erwartet schnelle und konsequente Entscheidungen. Merz setzt auf „wirtschaftliche Vernunft“: Bürokratieabbau, Steuererleichterungen, Investitionsoffensiven. Klingt gut – aber das allein reicht nicht.
Denn die Menschen erwarten auch soziale Sicherheit: bezahlbare Mieten, stabile Renten, faire Bildungschancen. Merz muss wirtschaftsliberal und sozialpolitisch zugleich denken – und das ist für ihn kein natürlicher Spagat.
Die Gesellschaft: Zwischen Polarisierung und Politikverdrossenheit
Vielleicht die größte Herausforderung: die Stimmung im Land. Vertrauen in die Politik ist brüchig. Die Gesellschaft wirkt oft wie gespalten – zwischen progressiv und konservativ, Stadt und Land, arm und reich, global und national.
Merz muss also mehr tun als Gesetze verabschieden. Er muss kommunizieren, moderieren, zuhören – nicht nur in Talkshows, sondern auf der Straße, in sozialen Medien, im Alltag der Menschen. Er muss zeigen, dass Politik nicht nur „da oben“ stattfindet – sondern auch dort, wo der Frust wächst.
Fazit: Der Weg ist steinig – aber möglich
Friedrich Merz hat jetzt das Amt, das er jahrzehntelang angestrebt hat. Doch es ist keine Krönung – eher ein Marsch durch ein Minenfeld. Die Erwartungen sind riesig, der Spielraum ist klein, die Gegner sind stark. Aber: Er hat die Chance, als Krisenmanager, Brückenbauer und Macher in Erinnerung zu bleiben – wenn er jetzt Mut zeigt, Führungsstärke beweist und nicht in alte Machtspielchen zurückfällt.
Kurz gesagt: Die nächsten 100 Tage werden entscheidend. Und wir alle schauen dabei ganz genau hin.